Europäische Bankenaufsicht – Deutsche Positionen scheitern auf der ganzen Linie

MdB Manfred Kolbe (CDU): „Einziger Verhandlungserfolg ist Hinausschieben auf die Zeit nach der Bundestagswahl.“

Noch vieles unklar bei der europäischen Bankenaufsicht!
Noch vieles unklar bei der europäischen Bankenaufsicht!
Nach Ansicht des CDU-Bundestagsabgeordneten Manfred Kolbe und Mitglied des Finanzausschusses hat die Bundesregierung bei den Beschlüssen zur europäischen Bankenaufsicht auf der ganzen Linie ihre durchaus richtigen Positionen nicht durchsetzen können. Als einzigen Verhandlungserfolg könne Bundesfinanzminister Schäuble verbuchen, dass alles erst nach der Bundestagswahl komme und so vorher die Konsequenzen nicht spürbar werden. Im einzelnen kritisiert Kolbe:

1. Unklar bleibt, wie innerhalb der EZB Geldpolitik und Aufsichtskompetenz wegen der vorhandenen Interessenkonflikte getrennt werden können. Zwar wird bei der EZB ein zusätzliches Aufsichtsgremium installiert und in Streitfällen mit dem EZB-Rat soll ein Schlichtungsausschuss entscheiden. Da dieser aber wohl weitgehend personenidentisch mit dem EZB-Rat sein wird, liegt faktisch das Letztentscheidungsrecht - auch in der Bankenaufsicht – bei der unabhängigen EZB.

2. Bankenaufsicht ist Eingriffsverwaltung mit einschneidenden Konsequenzen bis hin zur Bankenschließung. Es bleibt völlig im Dunkeln, welcher verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz hier den möglicherweise existenziell betroffenen Instituten gegen Entscheidungen der unabhängigen EZB offen stehen.

3. Bei der Stimmengewichtung bleibt es beim EZB-Prinzip, dass jedes Land, gleich wie groß sein Bankensektor ist, eine Stimme hat. Die Bundesregierung hat hier klein beigegeben, obwohl dies wahrscheinlich die letzte Chance war dieses demokratiefremde und verantwortungsfeindliche Prinzip zu ändern.

4. Als großer Erfolg wird gefeiert, dass die EZB künftig nur größere Banken beaufsichtigen soll, während die Aufsicht über die Sparkassen und Volksbanken im Wesentlichen bei der nationalen Aufsicht verbleibt. Die EZB kann aber einheitliche Aufsichtsvorgaben aufstellen und auch in jedem Einzelfall die Aufsicht an sich ziehen, so dass sie faktisch überall die Aufsicht führt.

5. Völlig im Dunkeln bleibt die Problematik der Altlasten, etwa der spanischen Sparkassen. Müssen Altlasten vorher national bereinigt werden oder übernimmt Europa sämtliche Altlasten?

6. Die von der Bundesregierung angestrebte Teilnahme auch von Nicht-Euro-Ländern ist gescheitert, da keines teilnehmen wird. Schwedens Finanzminister begründete dies mit zu hohen Risiken für die Steuerzahler durch die europäische Aufsicht. Dadurch wird die Spaltung Europas in Euro- und Nicht-Euro-Länder vertieft.

7. London als wichtigster Bankenplatz Europas bleibt wegen der Nicht-Teilnahme Großbritanniens außen vor. Dort aktive Banken sind mit einer schwierigen doppelten Aufsicht konfrontiert.

8. Ziel und Zweck der Bankenunion war für die Krisenstaaten vor allem, die direkte Rekapitalisierung ihrer Banken durch den Krisenfonds ESM ohne Anrechnung auf die nationale Verschuldung. Dies ist jetzt ab sofort auch schon vor dem Start der Bankenunion möglich, entgegen allen bisherigen deutschen Beteuerungen.

9. Die Bankenaufsicht ist der Einstieg in die Bankenunion und die gemeinsame Einlagensicherung der Euro-Länder. Die deutschen Sparer haften dann alleine für die Krisenländer, während sich andere, stärkere Europäer wie Großbritannien, Schweden und Dänemark heraushalten.

10. Die einschneidenden Konsequenzen der Bankenaufsicht sind - wie mittlerweile in Europa üblich – vor den Beschlüssen der Regierungschefs weder im Deutschen Bundestag noch im Europäischen Parlament ergebnissoffen diskutiert worden. Ein klarer Verstoß gegen das Demokratieprinzip.


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